Energieinfrastruktur Netze zukunftstauglich weiterentwickeln
Die österreichische Energieinfrastruktur befindet sich in einem Transformationsprozess. Traditionell auf eine zentrale Energieversorgung ausgerichtet, erfordert die Integration neuer Energieformen eine verstärkte Berücksichtigung dezentraler Energieproduzent/innen, wie beispielsweise Haushalte mit eigenen Photovoltaikanlagen, Windkraftparks sowie Biomasse-Anlagen. Diese Entwicklung macht umfassende Anpassungen sowohl im Elektrizitäts- als auch im Gasnetz notwendig und erfordert innovative Speichertechnologien, um eine stabile, leistbare und klimafreundliche Energieversorgung sicherzustellen.
- Strategische Pläne für die Energieinfrastruktur
- Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Energiewende
- Veränderungen im Stromnetz
- Veränderungen im Gasnetz
- Unterstützung von Unternehmen zur Gasdiversifizierung
- Ausbau von Fernwärme und Fernkälte
Strategische Planungen für die Energieinfrastruktur
Um den Umbau der Energieinfrastruktur effizient und gezielt zu steuern und die ambitionierten Klimaziele Österreichs zu erreichen, wurden zwei zentrale strategische Pläne entwickelt. Der Integrierte Österreichische Netzinfrastrukturplan (ÖNIP) ist ein übergeordneter strategischer Plan und zielt darauf ab, den Aus- und Umbau der Energieinfrastruktur koordiniert zu gestalten. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Integration erneuerbarer Energien und der intelligenten Vernetzung von Strom-, Gas- und Wasserstoffinfrastrukturen Durch diese integrierte Planung wird gewährleistet, dass die unterschiedlichen Energieträger effizient zusammenwirken und Synergien optimal genutzt werden.
Der Bauplan für die Energiezukunft Österreichs legt ein Maßnahmenpaket vor, das die Energiewende vorantreibt und dabei Aspekte wie Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Mehrwert in den Vordergrund stellt. Dieser Plan dient als Leitfaden für die Transformation des Energiesystems.
Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Energiewende
Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende erfordert nicht nur strategische Planungen, sondern auch eine solide gesetzliche Basis. In diesem Zusammenhang wurden mehrere einschlägige Gesetze erlassen bzw. befinden sich in Vorbereitung:
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) bildet das Fundament für den forcierten Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich. Es schafft die rechtlichen Rahmenbedingungen, um den Anteil erneuerbarer Energiequellen signifikant zu erhöhen und unterstützt somit das nationale Ziel der Klimaneutralität bis 2040.
Das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) regelt den sicheren und effizienten Betrieb des österreichischen Gasmarktes. Angesichts der Transformation des Energiesektors ist ein neues Gas- und Wasserstoffgesetz geplant, das den erforderlichen rechtlichen und regulatorischen Rahmen für die Ermöglichung des Wasserstoffhochlaufs, für die die schrittweise Integration grüner Gase und für die Stilllegungsplanung von Teilen von Gasverteilernetzen schafft. Dies ist die entscheidende Rechtsgrundlage, um die geordnete und geplante Dekarbonisierung des Gassektors voranzutreiben und innovative Technologien zu fördern.
Zur Beschlussfassung vorbereitet ist das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das darauf abzielt, den rechtlichen Rahmen für den Strommarkt zu modernisieren und das alte ElWOG ablösen wird. Es soll die Integration erneuerbarer Energien erleichtern und die Marktstrukturen an die neuen Herausforderungen der Energiewende anpassen. Ziel der Bundesregierung ist es, die Verabschiedung dieses Gesetzes im Nationalrat bis Sommer 2025 zu erreichen.
Ebenfalls in Vorbereitung ist das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG), das darauf abzielt, Genehmigungsverfahren für Energieinfrastrukturprojekte zu beschleunigen. Durch effizientere Verfahren sollen der Ausbau erneuerbarer Energien und die notwendige Infrastruktur rascher umgesetzt werden können. Auch dieses Gesetz soll bis Sommer 2025 im Nationalrat beschlossen werden.
Veränderungen im Stromnetz
Ein modernes und robustes Stromnetz bildet das Rückgrat der Energiewende. Die Anforderungen an das Stromnetz verändern sich durch die Energiewende stark. Das Netz, das bisher vorwiegend auf die zentrale Versorgung durch wenige Großkraftwerke ausgelegt war, muss deutlich ausgebaut und digitalisiert werden. Denn mit dem Rückgang fossiler Energiequellen und dem verstärkten Einsatz elektrizitätsbasierter Technologien – wie Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen und Speicherlösungen – steigt der Strombedarf in Österreich. Gleichzeitig muss das Stromnetz eine wachsende Zahl dezentraler, volatiler Einspeiser wie Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke integrieren können.
Diese Entwicklung stellt hohe Anforderungen an die Netzinfrastruktur. Es geht nicht nur um den Netzausbau im klassischen Sinne, sondern auch um die Schaffung einer intelligenten Netzarchitektur, die Energieflüsse flexibel steuern, Engpässe vermeiden und regionale Unterschiede ausgleichen kann. Digitale Technologien wie Smart Grids, automatisierte Steuerungssysteme und Netzsensorik spielen dabei eine Schlüsselrolle.
Wichtig ist weiters die sogenannte Sektorenkopplung, also die Vernetzung von Strom-, Wärme-, Speicher- und Gasinfrastruktur. Sie wird immer wichtiger um Synergien zu schaffen und das System effizient abzustimmen: Beispielsweise kann überschüssiger Strom aus Wind- oder Sonnenenergie in Wasserstoff umgewandelt und über das Gasnetz transportiert oder gespeichert werden (Power-to-Gas). Umgekehrt können Wärmepumpen aus Strom Wärme erzeugen und somit fossile Heizsysteme ersetzen. Diese Kopplung erhöht die Effizienz des Gesamtsystems, setzt aber auch eine stärkere Verzahnung von Strom- und Gasnetzen voraus.
Grundsätzlich ist das österreichische Stromnetz hierarchisch in sieben Spannungsebenen gegliedert:
- Höchstspannungsebene: 220 und 380 Kilovolt (Übertragungsnetz: überregionaler Transport)
- Umspannungsebene zwischen Höchst- und Hochspannungsebene
- Hochspannungsebene: 110 Kilovolt (Versorgung von großen Industriebetrieben und Städten)
- Umspannungsebene zwischen Hoch- und Mittelspannungsebene
- Mittelspannungsebene: 10 - 36 Kilovolt (Versorgung von Industriekunden und Stadteilen/Ortschaften)
- Transformatorenstationen zwischen Mittel- und Niederspannungsebene
- Niederspannungsebene: 400 und 230 Volt (dient der Versorgung von Haushalten)
Eine Einspeisung von erneuerbaren Energien findet auf allen Netzebenen statt und hängt vor allem von der Größe des Erzeugungskraftwerks ab. Diese Netzstruktur ist notwendig, um die elektrische Energie effizient über große Entfernungen zu transportieren und schließlich für die lokale Nutzung bereitzustellen. Einen Überblick über die Übertragungsnetze in Österreich bietet die Austrian Power Grid (APG) mit ihren interaktiven Netzkarten, die auf der Website der APG abrufbar sind.
Ein wichtiger regulatorischer Rahmen ist die Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie der Europäischen Union. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bis spätestens 1. Jänner 2025 darzulegen, inwieweit nationale Fortschritte zur Gewährleistung eines wirksamen Wettbewerbs zwischen Energieversorgern erzielt wurden.
Bericht gem. Artikel 5 der Richtlinie 2019/944 (PDF, 224 KB)
Auch auf nationaler Ebene gibt es strategische Leitlinien, um die Versorgungssicherheit langfristig abzusichern. Die Elektrizitäts-Versorgungssicherheitsstrategie (E-VSS) des Bundesministeriums beschreibt konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung der Netzstabilität, insbesondere in Hinblick auf die Integration volatiler Erzeugung und das steigende Risiko von Extremwettereinflüssen.
Veränderungen im Gasnetz
Auch im Gasnetz stehen große Veränderungen an. Aufgrund von sinkendem Methanbedarf wird das über Jahrzehnte hinweg aufgebaute Gasnetz in den nächsten Jahren zum Teil für den Transport von Wasserstoff umgerüstet und Teile der Verteilernetzebene zur Stilllegung vorbereitet. Bisher vor allem auf die großflächige Versorgung mit Erdgas ausgelegt, wird es künftig neue Aufgaben übernehmen – insbesondere im Zeichen der Dekarbonisierung des Energiesystems zur Einbindung erneuerbarer Gase wie Biomethan und Wasserstoff.
Im Gegensatz zum Stromnetz, wo es sieben Netzebenen gibt, sind es im Gasnetz nur vier:
- Fernleitungsanlagen sind Hochdruckleitungen, die dem Transit von Erdgas durch Österreich dienen und die auch an die Verteilernetzebene 1 zur weiteren Verteilung innerhalb Österreichs angeschlossen sind.
- Die Verteilerleitungsanlagen der Netzebene 1 sind Hochdruckleitungen für die überregionale Gasflusssteuerung und die Anbindung an Erdgasspeicheranlagen. Sie werden mit bis zu 70 bar Druck betrieben.
- Die Verteilerleitungsanlagen der Netzebenen 2 und 3 sind Leitungen, die zur unmittelbaren Versorgung von Endkund:innen dienen und von Netzbetreibern gesteuert werden. Das Erdgas wird unter Hoch- oder Mitteldruck in die Nähe der Endverbraucher gebracht und in Druckregelstationen auf Niederdruckniveau reduziert.
Die AGGM Austrian Gas Grid Management AG wie auch die Regulierungsbehörde E-Control stellen auf ihren Websites nähere Informationen über das derzeitige Gasnetz in Österreich zur Verfügung (E-Control Das Gasnetz, Gasnetz auf der AGGM Website). Auch die Gas Connect Austria GmbH bietet Informationen zum überregionalen Leitungsnetz und zu laufenden Wasserstoffprojekten.
Ein zentrales Ziel der kommenden Jahre ist die schrittweise Integration von erneuerbarem Wasserstoff in frei werdende oder ergänzte Leitungen des bestehenden Gasnetzes. Um dies zu ermöglichen, sind technische Anpassungen notwendig – unter anderem die Umrüstung bestehender Leitungen und Verdichterstationen, damit diese für den Transport von Wasserstoff geeignet sind. Dabei handelt es sich um komplexe Umstellungen, die mit hohen Anforderungen an Sicherheit und technische Standards verbunden sind (mehr zum Wasserstoff).
Neben dem Wasserstoff wird auch die Möglichkeit diskutiert, CO2 aus industriellen Großanlagen abzuscheiden, über ein eigenes Leitungsnetz zu transportieren und anschließend unterirdisch zu speichern (CCS – Carbon Capture and Storage). Für diesen Zweck muss allerdings erst eine neue Infrastruktur geschaffen werden, da ein entsprechendes CO2-Leitungsnetz in Österreich derzeit nicht existiert. Der Bund hat mit der Carbon Management Strategie eine schrittweise Planung vorgelegt.
Mit der Elektrifizierung des Wärmesektors und dem angestrebten Ausstieg aus fossilem Erdgas wird in Teilen des Gasverteilernetzes eine geplante Stilllegung stattfinden. Die Stilllegung von Gasverteilernetzen passiert nur dort, wo bereits Alternativen zur Wärmeversorgung vorhanden sind. In einem eigens erstellten Bericht hat das für Energie zuständige Bundesministerium konkrete Empfehlungen für die Stilllegung von Gasverteilernetzen ausarbeiten lassen.
Hinweis
Unterstützung von Unternehmen zur Gasdiversifizierung
Der Bund unterstützt Unternehmen, die Erdgas aus nicht-russischen Quellen beziehen. Teile der Mehrkosten werden durch Richtlinien gemäß §3 Absatz 1 Z 1 im Gasdiversifizierungsgesetz erlassen. Die Unterstützung wird durch die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) abgewickelt.
Die Richtlinien sehen die Unterstützung von Teilen der Mehrkosten von Unternehmen für Lieferungen zur erstmaligen Einspeisung von Erdgas aus nicht-russischen Quellen, im Zeitraum 1. Oktober 2024 bis 30. September 2026, in das Netz eines österreichischen Marktgebiets für den Absatz in Österreich vor. Die Herkunft des Erdgases muss mittels eines den Richtlinien entsprechenden Nachweises erfolgen. Ebenso werden nur jene Erdgasmengen aus nicht-russischen Quellen unterstützt, die nachweislich bis zum 31. Dezember 2027 zum zeitgleichen Verbrauch in Österreich ausgespeichert wurden.
- Gasdiversifizierungsgesetz 2022 (GDG 2022) (RIS)
- Richtlinien gemäß § 3 Absatz 1 Z 1 GDG (PDF, 230 KB)
Kontakt
Die Unterstützung wird durch die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws) abgewickelt: Abwicklungsstelle (aws.at)
Ausbau von Fernwärme und Fernkälte
Ein weiterer zentraler Baustein der Energiezukunft ist die Ausweitung und Dekarbonisierung der Fernwärme- und Fernkälteversorgung. Fernwärme und Fernkälte sind wichtige Bestandteile einer klimafreundlichen Energiezukunft. Sie ermöglichen die zentrale Versorgung ganzer Stadtteile und Regionen mit Wärme bzw. Kälte aus nachhaltigen Quellen. Besonders in dicht besiedelten Gebieten tragen diese Systeme dazu bei, Emissionen zu senken, Energie effizient zu nutzen und die Luftqualität zu verbessern.
Fernwärme bietet großes Potenzial für die Nutzung erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme, etwa aus Industrieanlagen, Müllverbrennung oder Klärwerken. Zukünftig sollen fossile Energieträger weitgehend ersetzt werden, was eine umfassende Transformation der Netze und der Wärmeerzeugung erfordert. Auch Fernkälte gewinnt zunehmend an Bedeutung – insbesondere in Ballungszentren, wo steigende Temperaturen und dichter werdende Bebauung den Kühlbedarf erhöhen. Hier kann Fernkälte eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen, dezentralen Kühlsystemen bieten.
Die Bundesregierung unterstützt die Weiterentwicklung dieser Infrastrukturen. Der Ausbau und die Dekarbonisierung der Fernwärme sowie der Aufbau effizienter Fernkältesysteme sind zentrale Bausteine auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung.
Die Website Austrian Heatmap zeigt bestehende Fernwärmenetze samt Potenzialen für den weiteren Ausbau.